23 August 2006

Allen Warnungen zum Trotz

Es ist seltsam eines Tages zu erwachen und festzustellen, dass ich alles habe was ich mir nie gewünscht hab: Mann, Haus, Kinder und die Beteiligung an einem Existenz bedrohten Betrieb.
Jahrzehnte lang konnte ich mich rühmen eine der Wenigen zu sein, die dem Credo ihrer Jugendjahre treu geblieben waren. Ich war nicht in die Falle getappt, die da hieß Mann, Haushalt, Kinder,” Vielleicht-ein-bischen-jobben--aber-doch-bitte-keine-Karriere-die-
Kinder-könnten-leiden “.
Um mich herum hatten sie alle schon lange aufgegeben und waren dem gesellschaftlichen Gruppendruck zum Opfer gefallen. Meine alten Kneipenkumpane und Studienkollegen der ‘70iger Jahre waren schon meist Mitte der ‘80iger, brave und treu sorgende Mamis und Papis, in relativ beständigen Beziehungen mit heimlich abgeschlossenen Bausparverträgen, Lebensversicherungen und zum Teil sogar heimlichen Hochzeiten geworden. Mild lächelnd und leise missbilligend, schüttelte ich über diese Abtrünnigen mein weises Haupt und hielt das Banner der freien und unabhängigen Beziehung weiter in die Höhe.
Als die Reihen der Alleinlebenden sich immer weiter lichteten, um das “dolce vita” aus Überzeugung gegen stinkige Windeln und täglichen Beziehungstrott einzutauschen, wankte ich allein trotzig voran und hielt alle bedauernden Fragen von türkischen und deutschen Müttern vieler Kinder, nach meinen eigenen Sprössen, meine innere und äußere Unabhängigkeit entgegen.
Doch eines Tages wendete sich das Blatt. ich lernte einen Mann kennen, der schon Kinder hatte. Zehn Jahre zuvor, hätte alleine diese Tatsache mich bereits in die Flucht geschlagen. Inzwischen war ich von der Stadt aufs Land gezogen und eben auch älter geworden und das “dolce vita” war nicht mehr ganz so dolce wie in meinen güldenen Jugendtagen. Da betreffender Mann auch mein Chef war, war das mit der Flucht auch etwas erschwert. So brach ich gleich zwei meiner eigenen Prinzipien: “Nie mit einem Mann mit Kindern” und
“Nie innerhalb einer Arbeitsbeziehung". So stellte ich dann auch fest: Hat man erst mal damit angefangen eigene Maxime umzustossen, so kann man da gar nicht mehr mit aufhören.
Er, sich noch die frischen Wunden einer eben erst eingeleiteten Trennung leckend, barg sich  in meinen überraschten Armen und hörte nicht auf zu beteuern, wie wichtig ihm der vorsichtige Umgang mit den Kindern sei. Ausserdem, dass es ihm keinesfalls darum ginge einen Mutterersatz für sie zu finden. So einigermaßen beruhigt, wartete ich erst einmal ab, nicht ohne höchst unmissverständlich geklärt zu haben, dass ich nicht im Traum daran dächte, jemals mit ihm und den Kindern zusammenzuziehen.
“Nein, nein, keinesfalls!” betonte der Betreffende im Brustton der Überzeugung und ganz leise fügte er hinzu : “Wenn überhaupt, dann frühestens in 2 oder 3 Jahren”.
Dies hätte mir nebst allem Wissen, eine Warnung sein müssen, doch ich wartete weiterhin ab und lernte natürlich die Kinder kennen.
Auf den Freimarkt wollten sie mit mir. Papa hatte da schon hinter den Kulissen reichlich taktiert. Die Älteste wollte furchtbar gerne Achterbahn fahren und da Papa selbst eine unüberwindliche Abneigung gegen solche schnellen und beunruhigenden Abenteuer hegte, schlug er seiner Tochter flugs vor, sie möge doch mich fragen. - Hätte ich einer Zehnjährigen solch ein Ansinnen abschlagen können, zumal ich selbst so gern Achterbahn fahre? Natürlich konnte ich das nicht. Zudem ich mich geschmeichelt fühlte ob dieses Vorschussvertrauens. So nahte dann der große Tag heran.
Papa hatte sorgsam darauf geachtet, dass die Kinder ihre absolut verschlissensten Klamotten trugen. Die Kinderkarre der Jüngsten muss er aus dem Sperrmüll wieder heraus gefischt haben, so löcherig und klapperig wie sie aussah. Die mittlere Tochter war instruiert worden, mir bei meinem Erscheinen am Bahnhof in die Arme zu fallen.
Schon dadurch erlitt ich eine erhebliche Herzerweichung, unterstützt durch das verwahrloste Aussehen der armen Bälger. Schließlich bin ich Pädagogin vom Erstberuf und trotz aller gegenteiligen Beteuerungen, mag ich Kinder.
Da ich mich für sie dann auch als äußerst praktisch erwies, ich mochte nicht nur die Achterbahn sondern auch alle Vergnügungen, die auch sie bevorzugten, hatte ich am Ende des Schwindel erregenden Abends, ein richtiges Stein im Brett. Papa musste nur noch die Geldbörse zücken und stand geduldig und heimlich, selig lächelnd neben allen ohrenbetäubenden und das Nervensystem zerstörenden Vergnügungseinrichtungen der modernen Zeit.
Nach drei Stunden dann, war uns allen, ausser Papa, etwas mulmig.
Doch wir hatten die knifflige Kontaktaufnahme gut überstanden. Skeptisch blieb nur die Dreijährige, die auf Papas Schultern thronend und sich mit Zuckerwatte verklebten Fingern an Papas’ schütterem Haupthaar haltend, beständig mit Besitz ergreifender Miene ausrief, “Mein Papa!”. Nun, dem konnte ich nur zustimmen, wenn ich auch den hintergründigen Sinn dieses Ausspruchs durchaus begriff.
So nahmen die Dinge dann ihren Lauf. Die Kinder hatten scheinbar entschieden, dass ich als Ersatzmami gut taugen würde.
Wir wurden dann zu wunderschön gestalteten Abendessen eingeladen, sogar mit Schild:

"Restorang
Eintrit nua für Papa und Regina!"

Es gab dann Servietten in Weingläsern aus denen wir dann Mineralwasser tranken, Arme Ritter, die nicht in einer Diätküche überlebt hätten und andere Wunderlichkeiten die mich sowohl satt, als auch glücklich machten. Doch eine kleine innere Stimme warnte beständig:” Pass auf!", du schlidderst da in etwas hinein, was du nie wolltest.”

Fortsetzung folgt!

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