01 Mai 2012

Der 1. Mai.... vorher - nachher

Wisst ihr noch wie es war, 1973, etwa? Vergleicht doch mal die Dinge die ihr am 1. Mai damals unternommen habt mit den Aktivitäten mit denen ihr heute beschäftigt seid. Na, bei wem sieht es genauso aus?
Also bei mir hat sich einiges verändert. Früher, also in den 70igern, war es angesagt am 1. Mai auf die Demo zu gehen, zumindest in meinen Kreisen. Ich erinnere mich noch deutlich: Meine erste Wohnung war bezogen. Im Tiefparterre wie die Hamburger das vornehm nennen, also im Keller in der Nähe der Sternschanze.
In meinem Schlafzimmer konnte ich an einer Stelle kein schweres Möbelstück hinstellen, nicht das ich welche gehabt hätte, weil die Dielen so morsch waren, dass die Gefahr bestand dass die Dielenbretter durchbrechen würden. Gelegentlich hörte man das helle Quietschen einer Ratte im Hof. Ein leicht muffiger Geruch durchdrang alle Räume. 
Dafür musste ich keine Miete zahlen, sondern nur zweimal die Woche zwei Treppenhäuser putzen. Unter der Aufsicht eines wie ein Fischweib keifendes, schielendes Ungeheuer mit übertrieben eng gedauerwellten Haaren die, wenn sie nicht gerade etwas an meiner Qualifikation als Putze zu bemängeln hatte, mich misstrauisch mit Argusaugen verfolgte.
Nichts desto trotz, es war herrlich, ich war frei oder zumindest fühlte ich mich so. 
Beim Umzug in dieses wunderschöne Domizil, war mein Kleiderschrank leider die Treppe runtergerutscht. Danach ließen sich die Türen nicht mehr schließen und er hatte ziemlich Schlagseite. Passte so auf jeden Fall besser zum Ambiente.
Ach so, ja, der 1. Mai. 
Damals hatte mich die S.D.A.J. frisch rekrutiert. Dort lernte ich eine meiner großen Lieben kennen. Die damalige Gruppenleiterin, Sabine, war mit ihrem Freund häufig am Wochenende in meiner Muffbude. Ich war ziemlich privilegiert, als Einzige meiner FOS-Klasse mit einer eigenen Wohnung. Mit dem Freund irgendwo mal übernachten zu können hatte eine hohe Priorität damals.
Jedenfalls hatten wir auf der letzten Sitzung beschlossen, dass wir natürlich alle gemeinsam am 1. Mai auf die Demo gehen würden. Mein Freund und ich hatten das auch wirklich vor. Doch als es soweit war, ließ uns mein Bett, eine kleine grüne Klappcouch, nicht los und wir waren gezwungen drin liegen zu bleiben, bis es für die Demo leider schon viel zu spät war.

Die Folgen: meine Freundin, Klassenkameradin und Gruppenleiterin rügte uns höchst öffentlich bei der nächsten Gruppensitzung und hat mir privat ganz ernsthaft die Freundschaft gekündigt.
Ich bin ziemlich davon überzeugt, dass dies neben politischen Unvereinbarkeiten, der wirkliche Grund für meinen Austritt zwei Monate später war.
Meine darauf folgende Beteiligung an Demos am 1. Mai, dann in Berlin, waren eher Demonstrationen eines hedonistischen Lebensgefühls. 
Auf dem Bürgersteig vor einer Ladenwohnung sitzend, mit Freunden und Bekannten die kamen, ein Bier tranken und weiter gingen, um andere ähnlich demonstrierende Menschen zu treffen, war meine Art dem 1. Mai zu begegnen.
Zu Demos ging ich nur noch wenn es wirklich wichtig war. Aber das ist ein anderes Thema.....


Heute befinde ich mich zum 1. Mai im Garten und vertikutiere. Für die Stadtbewohner, die nicht wissen was das ist; man sorgt mit einer Art Mini-Fräse dafür dass der Rasen vom Moos befreit wird und wieder Luft hat um Gras wachsen zu lassen. Da ich einen Garten mit sehr viel Rasenfläche und viel Schatten habe, sind die Berge an Moos an einem Tag alleine nicht zu bewältigen. So freue ich mich über den zusätzlichen freien Tag, um das endlich erledigt zu kriegen.
Hier auf dem Land ist es ja eh ruhig, doch am 1. Mai kann man ausser den zwitschernden Vögeln eigentlich gar nichts hören. Die Menschen im Dorf schlafen alle ihren Rausch vom Tanz in den Mai aus.
Politisch passiert hier am 1. Mai rein gar nichts. Niemand ist mir böse dafür das ich irgendwo nicht war. Doch leider gibt es auch nichts mehr was mich ans Bett fesselt dass als Entschuldigung herhalten könnte.....




»das bett hat es satt jetzt schickt es zur drogerie ein pfund klebstoff von der guten sorte zu holen wäscht sein tuch stärkt es mit klebstoff am morgen klebt der schlafende wie ein toller maikäfer im lakenleim läßt alles sein bleibt daheim« Jörg Burkhard


oder auch:



"WHEN I WAS YOUNGER, SO MUCH YOUNGER THAN TODAY,
I NEVER NEEDED ANYBODY'S HELP IN ANY WAY.
BUT NOW THESE DAYS ARE GONE, I'M NOT SO SELF ASSURED,
NOW I FIND I'VE CHANGED MY MIND I'VE OPENED UP THE DOORS." 
Beatles

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