Da ich mir vorgenommen hatte in meinem Leben einmal alle schottischen Inseln zu besuchen, war es nach zwei Jahren an der Zeit die nächsten zu erforschen.
Meine Reiseplanung begann im Dezember, die Fahrt im Juli. Eigentlich müsste man meinen, dass dies genug Zeit sei um eine gründliche Reiseplanung zu bewerkstelligen.
Doch nach meiner ursprünglichen Euphorie, Buchung des Fluges und Reservierung der Zimmer für den 1. und letzten Tag meiner Reise, ließ meine forschende Tätigkeit nach.
Insbesondere wurde diese durch die exorbitanten Preise der B&Bs auf Lewis gelähmt.
Letztlich buchte ich noch zwei Folgetage in Stornoway, dem Ankunftsort auf Lewis, zwei Tage vor meinem Abflug, sowie ein Zimmer auf Harris (wie ich dachte). Vorher hatte ich aufgrund des scheußlichen Wetters und der Vorstellung meinen Urlaub in noch viel scheußlicherem Wetter zu verbringen, versucht meinen Flug los zu werden. Doch dies ist mir leider/Gott-sei-Dank, nicht gelungen!
Drei Tage vor Reisebeginn erreichte der Sommer dann doch noch die nördliche Hemisphäre und somit auch die westlichsten Inseln Europas.
Guten Mutes vor Ort dann entsprechende Unterkünfte zu finden, verbrachte ich eine schlaflose Nacht vor meinem Abflug. Diese war allerdings nicht der Grund für das Verpassen des Zuges nach Bremen.
Unverschämter Weise haben sie einfach den Bahnsteig in Scheeßel gewechselt von dem der Zug nach Bremen normalerweise abfährt. Ich stand also hilflos auf der anderen Seite des Bahnsteigs als der Zug abfuhr.
Das hieß also, wieder ins Auto und mächtig Gas geben um noch rechtzeitig auf dem Bremer Flughafen anzukommen. Wie jeder weiß, ist man mit dem Zug wesentlich schneller als mit dem Auto.
Mein Auto ließ ich also irgendwo in der Nähe des Flughafens stehen, es mit reichlichen Schutzsymbolen versehend, damit es auch ja unbeschadet zwei Wochen dort übersteht. Anders als geplant, hetzte ich zu Fuß einen Kilometer mein Gepäck schleppend und erreichte völlig verschwitzt und leise panisch den Ryan-Air-Terminal wo ich als als zweit Letzte durch die security ging.
Ich nahm mir fest vor, das dies das einzige Fast-Maleur wäre welches ich mir erlauben würde.
Anreise
Der Flug nach Edinburgh wie auch der Anschlussflug nach Stornoway klappte prima. (War ja auch nicht von mir abhängig.)
Bei der Entscheidung von Edinburgh aus zu fliegen und nicht die von mir sehr geliebte Fähre von Ullapool aus zu nehmen, spielte die lange Fahrzeit mit Bus oder Bahn eine Rolle. Ich wäre nicht rechtzeitig in Ullapool angekommen um die letzte Fähre nehmen zu können und hätte somit zwei Nächte auf der Hin-und Rückfahrt in Ullapool übernachten müssen. Das schien mir die €200,- wert zu sein. Wer diesen Flug bucht muss wissen dass es keine Rückerstattung gibt, falls man es sich anders überlegt. Flybe
Nach einer kurzen Wartezeit, mein Flug war ein halbe Stunde früher angekommen als angekündigt, wurde ich von meinem B&B Betreiber freundlicherweise abgeholt. Was auch gut war, denn wie ich später zu meinem Leidwesen erfahren musste, verkehren sonntags keine Busse auf Lewis und Harris. Der Flughafen ist etwa 10 Autominuten ausserhalb von Stornoway.
Fährverbindungen von Ullapool: Fähren
Wie man beim Vergleich sehen kann ist der Preisunterschied zwischen Flug und Fähre nicht soo groß.Wenn man die eventuell notwendige Übernachtung in Ullapool mit einrechnet, lohnt sich der Flug wenn man nicht so viel Zeit hat. Anders sieht es beim "Island Hop-Scotch" aus. Wenn also mehrere Inseln besucht werden sollen, ist das die Wahl.
Auf der Insel
Auf dem Flughafen angekommen erstreckt sich das Land flach und baumlos. In der Ferne sieht man die Umrisse der Berge des schottischen Festlandes. Bei der Annäherung an Stornoway sieht man über der Bucht der Sandwick Bay Schornsteine. Dazu später mehr.
Als ich ankam konnte ich ausserdem rauchende Feuer auf der fernen Seite der Bucht sehen, die den Lews Castle und die Royal Gardens beherbergen. Es stellte sich heraus dass sie dort Rhododendron verbrennen weil dieser alle andere Vegetation dort zu überwuchern droht. Das befremdet Norddeutsche die ihre z. T. teuer erworbenen Exemplare der selben Pflanze, hüten und pflegen. Doch ein Besuch der Royal Gardens überzeugt einen, dass es dort ausser Rhododendren gar nichts anderes gäbe, ließe man sie weiter wuchern.
In meiner Unterkunft angekommen begrüßten mich zwei entzückende Westis. Mein Zimmer war klein aber geschmackvoll eingerichtet. Leider ließ sich das Fenster nicht öffnen, da das neu bestellte nicht passte und es zwei Wochen dauern würde bis das richtige eintreffen würde. Dafür gab es eine Preisermäßigung von 5 Pfd. Die Matratze war hervorragend, besser als meine zu Hause und wie ich später erfuhr, eine auf die auch die Königen schläft.
Es sei an dieser Stelle hervor gehoben, dass das "Carnan Beag" in Sandwick Bay, das beste B&B ist dass ich je besucht habe! Pat, die Gastfrau, war voller Charm und vor allem Hilfsbereitschaft in allen Belangen meines Aufenthaltes.
Das Frühstück ließ keinen Wunsch offen. Es gab unter vielem anderen 22 Marmeladen und Honige im Angebot!
Auch war Pat was Infos zu den Bewohnern und Eigenarten derselben anging eine wahre Fundgrube. Ich erfuhr z. B. den Grund weshalb es in den Charity-Shops in Stornoway ein übergroßes Angebot an Hüten gibt. Die Presbetarianer von denen es dann jeweils noch viele Ableger gibt, einer strenger als der andere, nehmen den Kirchgang sehr ernst. Es geht am Donnerstag-Abend los und endet am Sonntag. Zu diesen vielen Gottesdiensten tragen die Frauen Hüte. Da frau natürlich nicht immer mit dem selben Hut zum Gottesdienst gehen kann, gibt es hier einen hohen Umsatz derselben.
Wer also gerne gut behutet sein möchte, sollte einen Besuch in einem der drei oder vier Charity Shops in Stornoway unternehmen.
Die Grundregel des Sabbath-Haltens ist, ähnlich wie bei uns vor hundert Jahren oder in anderen Religionen, noch lebendig. Sie besagt in der Hauptsache nichts zu tun was nach Arbeit aussieht. Manche stellen ihre Waschmaschinen so ein, dass sie sich um Punkt 12 in der Nacht zum Sonntag abstellen. Die Wäsche am Sonntag aufzuhängen kann zur Ächtung der Nachbarn führen.
Restaurants sind geschlossen, ausser zwei auf beiden Inselteilen, Busse fahren, wie ich schon beschrieb, nicht.
Einige mit denen ich darüber sprach waren überrascht, dass ich als Deutsche das so verwunderlich finde, da unsere Geschäfte ja auch (noch) sonntags geschlossen haben. Meine Entgegnung war, dass wir immerhin zu jemanden fahren könnten der vielleicht noch was zu essen hat, sollte uns am Sonntag alles Essbare ausgegangen sein!
Ganz streng Gläubige mähen grundsätzlich keinen Rasen, weil man das vor 2.000 Jahren auch nicht getan hat. Erinnert zum Teil ein wenig an Amisch. Die Moral ist natürlich sehr ausgeprägt und Frauen die Hosen tragen sind nicht gern gesehen.
Auto Anmietung
Wer die Insel zum ersten Mal besucht und noch nicht genau weiß wann er oder sie wo ist, empfehle ich zur Orientierung die Anmietung eines Autos.
Dies habe ich dann am dritten Tag auch getan. Durch meine Vermieterin vermittelt erhielt ich einen Citroen C1, Splash, für 35 Pfd. pro Tag. Nicht gerade billig aber für die Insel völlig normal.
Hier empfehle ich den Lewis Car Hire, da gibt es einen van für nur 24 Pfd. täglich. Erfuhr ich leider erst später. Was ich auch noch zu spät erfuhr, ist das Glasbruchschäden durch Steinschlag selbst getragen werden müssen. Grundsätzlich ein Optimist, hätte ich auch wenn ich es gewusst hätte, das Auto angemietet. So was passiert ja nun höchst selten. In fast dreißig Jahren ist es mir nur einmal passiert. Mit diesem Auto jedoch bereits am zweiten Tag. Das erhöhte die Kosten um 200 Pfd!
Trotz alle dem, war es ein Glück das Auto für die Erforschung der Insel gehabt zu haben. Viele meiner Reise Ziele wie z. B. die Callinish Stones, der schönste Steinkreis den ich je gesehen habe und diverse andere an der Nordwestküste, hätte ich mit dem Bus nicht erreichen können. Erreichen vielleicht schon, doch jedes einzelne Ziel hätte einen Tag mit der Hin-und Rückfahrt bedeutet.
Hier noch einige Links zu interessanten Seiten über Lewis und Harris:
Hier im Blog ist oben rechts eine Dia-Show mit den Bildern von meiner Reise. Mit Klick darauf öffnet sich ein neues Fenster so das die Bilder in der gewünschten Auflösung gesehen werden können. Als Bildtexte sind z. T. nähere Infos zu den einzelnen Sehenswürdigkeiten.
Unterkünfte
Hier ein paar Infos zu den B&Bs und Hostels in denen ich untergebracht war.
B&Bs
Carnan Beag - Stornoway / siehe oben und unter Carnan Beag
Preis zwischen £30 und £40
Tigh na Mara - Tarbert, Harris
Preis £ 30
Ein sehr nettes und preiswertes B&B. Wunderbarer Blick über die Bucht. Sehr schön eingerichtete Zimmer.
Die Wirtin, Frau Morrison, ist sehr freundlich wie fast alle hier. siehe auch Tigh na Mara
Hostels
Heb Hostel - Stornoway
Preis £ 17,-
Heb Hosel liegt sehr günstig in der Stadt-Mitte, nahe dem Fähranleger. Als ich da war, war das Hostel relativ voll. Die Atmosphäre war sehr freundlich und fröhlich. Die Küche ist ein bisschen klein für ein Hostel mit so vielen Betten und man tritt sich leicht gegenseitig auf die Füße. Ich habe in einem "Frauen-Zimmer" geschlafen. Das Bad war eine Wucht, sogar mit Badewanne. Wobei ich mich frage, wer sich wohl traut stundenlang zu baden wenn 7 andere darauf warten das Bad nutzen zu können?
Es war leiser als ich erwartet habe. Insgesamt waren alle recht rücksichtsvoll. Für den Preis fand ich es echt o.k., doch mehrere Tage hätte ich dort nicht verbringen wollen. Mehr dazu hier: Heb Hostel
Galson Farm, Nordwest-Küste
Preis £ 17
Galson Farm ist sowohl ein Hostel als auch ein B&B. Also je nach Geldbeutel. Von Galson aus kann man mit dem Bus zum Point of Ness fahren und von dort aus den Butt of Lewis umrunden. Es gibt eine Menge zu sehen. (Siehe Bilder) Es gibt mehrere Busse täglich, doch man muss sich entscheiden, ob man wandern oder einkaufen will, da es nur ein Geschäft an der gesamten Nord-West Küste gibt und das ist auf der Hälfte der Strecke zum Point Ness.
Trampen ist nur bedingt zu empfehlen. Ich bin meistens mit Touristen mit gekommen. Die Einheimischen sind in dieser Ecke nicht sehr mit nahme freudig.
Der Hostel-Teil hat ein Zimmer mit 3 Doppelstockbetten. Es ist ein gemischtes Zimmer, was ich persönlich nicht sehr gerne mag. An den Tagen an denen ich da war, hatte ich jeweils Glück und es war ausser mir nur jeweils eine Frau da. Die Qualität der Schlafsäcke in den man ein slip cover einzieht ist sehr gut. Frieren nicht möglich, da es ausserdem noch schwere Harris-Tweed Decken gibt. Die kleine Küche ist mit allem ausgestattet was man brauchen könnte. Es gibt zwei Duschen. Verglichen mit Heb Hostel ein Luxus!
Vom Haus aus kommt man nach wenigen Minuten zur Küste. Es geht sich dort zwar nicht so gut, große Kiesel, doch es ist eine unglaubliche Energie dort zu spüren.
Auf dem Weg dort hin, kommt man an einer Weide mit einem großen Scottish Clydesdale Horse und einem 45 Jahre alten Esel vorbei.
Beide sehr freundlich und immer zu einem Schwätzchen bereit.
Vorsicht ist nur vor Jackson geboten. Einem übergewichtigen Labrador, der sobald er Essen riecht zur Stelle ist und alles weg putzt was er findet. Wenn ihr Essen kocht, sollte die Tür nach draußen zu sein.
David und Hazel geben gerne Auskunft zu allen Dingen die einen interessieren könnten. An Arbeit mangelt es ihnen nie, da sie ausser dem B&B, dem Hostel und dem post-office auch einen regulären Hof bewirtschaften.
Vom Haus aus gibt es auch einen beschilderten Weg über die Felder nach Dell.
Drinishader Hostel
ist auf Harris etwa 10 km von Tarbert entfernt.
Preis £ 20
Es liegt sehr schön an einer der vielen Buchten. Der Besitzer Rodney, ist sehr freundlich und hilfsbereit. Auch hier gibt es neben dem Hostel ein B&B.
Es gibt drei Zimmer im Hostel. Ein Bunk-Zimmer und zwei Zweibett-Zimmer im 2. Stock. Die Zimmer sind freundlich und sauber. Der Gemeinschaftsraum mit Küche ist wohnlich eingerichtet.
Von Drinishader aus gibt es mehrere Wanderwege die man nehmen kann. Es gibt dort sogar einen kleinen Laden mit post-office, eine Galerie und das Harris Tweed Museum welches in einem ehemaligen Schulhaus untergebracht ist. Hier mehr Drinishader Bunkhouse
Sprache
Im Gegensatz zu vielen anderen Inseln die ich besucht habe, ist Gälisch auf Lewis und Harris die Erstsprache. Das heißt, das die Ortsschilder auf Gälisch sind und die Karten die es dort zu kaufen gibt jeweils auch die Gälischen Bezeichnungen tragen. Das kann manchmal zur Verzweiflung führen, wenn man einen Ort sucht und ihn im Gälischen nicht erkennt.
Besonderheiten
Dank der Auskunftsfreudigkeit von David, dem Betreiber von Galson Farm, kann ich an dieser Stelle einzelne Fakten berichten, die man so sonst nicht im Internet findet, zumindest nicht auf Deutsch.
Auf meine Frage hin, wieso es möglich ist die Spuren der "lazy beds" immer noch zu sehen, wo sie doch seit mehr als 150 Jahren nicht mehr benutzt werden, erhielt ich folgende Antwort:
Erst einmal würden "lazy beds" nur in Irland so genannt. Auf den Inseln hier hießen sie "riggs". (Obwohl sie in jeder Beschreibung hier auch so genannt werden. Doch David wollte wohl klarstellen dass die Dinge auf Lewis anders seien als anderwo.)
Grundsätzlich erst einmal:
"Lazy beds" sind eine Methode des landwirtschaftlichen Anbaus. Parallele Kanten und Furchen werden mit dem Spaten gegraben. Dazwischen gibt es Entwässerungsrinnen, ähnlich wie bei uns in der Marsch.
Sie wurden ursprünglich genutzt um Kartoffeln zu pflanzen, bis die Kraut-und Knollenfäule Phytophthora infestans, den Kartoffelanbau stoppte. Die Aufschüttungen wurden mit Seetang angereichert und boten so eine bessere Grundlage für das Wachstum, da der Boden zu wenig Humus hergab um eine normale Bepflanzung zu erlauben. Ausserdem gab die Aufschichtung mehr Wärme her als der flache Boden.
Diese Maßnahmen waren insbesondere zur Zeit der Highland Clearances (Link: Highland Clearances) notwendig, da die Crofter von ihrem ursprünglichen Land vertrieben wurden und auf kaum zu bewirtschaftenden Landstrichen wieder angesiedelt wurden.
Jetzt weiter zu Davids Ausführungen.
Jährlich werden die "riggs" auf dem Butt of Lewis gepflegt. Die crofter des Umlandes ziehen jeweils eine Nummer und erhalten den Teil für den sie in diesem Jahr verantwortlich sind. Diese "riggs" müssen sie entsprechend aufschichten und bearbeiten. Die "Lotto-Ziehung" gewährleistet das sich jeder der Landwirte bemüht seine "riggs" gut zu bearbeiten, weil er im nächsten Jahr eventuell die gleichen ziehen würde, beziehungsweise die Ächtung seines Nachfolgers sehr unangenehm wäre.
Heute dienen die "riggs" nur der Entwässerung.
Ein weiteres Bon-mot von David:
Hermiline hatten irgendwann überhand genommen in den letzten Jahren. Diese wurden dann getötet.
Das führte dazu dass die Kaninchen sehr schnell überhand nahmen, wie man auf der Insel sehr gut erleben kann.
Die Kaninchen wurden per Beschluss zu mehreren Tausenden zum Abschuss frei gegeben.
Allerdings führte das zum nächsten Problem; die Bleikugeln, die natürlich überall herumliegen, werden von den Vögeln aufgepickt so das sie sterben.
Ist es nicht wunderbar wie vorausschauend wir Menschen sind?